Gerechtigkeit und Frieden küssen sich
15.11.2024 / Doris Volk-Brauer, Pfarrerin in Kubach-Hirschhausen
Bunt sind schon die Wälder, war gestern- jetzt haben wir es grau in grau: Es ist November und manch einer leidet unter dem Novemberblues. Und dann noch diese traurigen Gedenktage: Volkstrauertag, Buß-und Bettag, Ewigkeitssonntag. Muss das sein?
Muss das sein? Mich erinnern und gedenken, mittrauern, Schuld anerkennen und überlegen, wie ich umkehren kann? Muss das sein, und das noch mitten im grauen November?
Muss ich das wirklich? Die Geschichte meines Dorfes, meiner Stadt kennenlernen und erkennen, dass Krieg die Menschlichkeit opfert. Muss ich das - im Gottesdienst mitwirken und anschließend an der Gedenkfeier auf dem Friedhof teilnehmen? Muss ich mittrauern mit den Menschen, in deren Land gerade Krieg herrscht und Kälte und Verzweiflung und die ihre Heimat verlassen, weil ihnen alles genommen wurde? Muss ich das wirklich, Frau Pfarrer, so fragen es mich die Konfirmanden.
Ja, das müsst ihr: Euch mit unserer Geschichte auseinandersetzen. Die Namen derer, die im ersten und zweiten Weltkrieg ihr Leben viel zu früh verloren, hören und verstehen, dass hinter jedem Namen eine ganze Welt steht. Verstehen, dass Krieg Menschenleben und Lebenspläne zerstört und dass dies Familien und eine Gesellschaft völlig verändert und mehr als ein Leben lang prägt. Es gibt im Krieg keine Gewinner- eigentlich nur Verlierer, denn es sind nicht nur Materialschlachten, sondern immer noch und immer wieder sind es Menschen, die zu Opfern werden. Weil auch heute Krieg und Gewalt bei Millionen von Menschen Wunden reißen und Narben hinterlassen. Weil es wieder und immer noch zu rassistischen Übergriffen und antisemitischen Vorfällen kommt, deshalb ist es wichtig, dass wir auf Friedhöfen und an Denkmälern stehen und uns ermahnen und erinnern: Nie wieder Krieg! Kein Platz für Rassismus! Und mitarbeiten an einem farbenfrohen Zusammenleben, das Gott verheißt: Güte und Treue finden zueinander. Gerechtigkeit und Frieden küssen sich. Treue wächst aus der Erde empor. Gerechtigkeit scheint vom Himmel herab. (Psalm 85,11f)
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