Dekanats-Studienreise nach Israel/Palästina
Unterwegs im Heiligen Land
Foto: Antje KernDie Reisegruppe der Studienreise des Dekanats im Oktober 2022.14.11.2022 dr_pw Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
Galiläa, der Norden, eher dörflich geprägt und Schauplatz vieler Jesuserzählungen, mit dem See Genezareth. Im Hotel des Kibbuz Ein Gev direkt am See verbrachte die Gruppe die ersten vier Nächte und entdeckte tagsüber die Kreuzfahrerstadt Akko am Mittelmeer, Safed mit seinen vielen Synagogen, Nazareth, Kapernaum, Tagba mit der Brotvermehrungskirche, den Berg der Seligpreisungen (mit gemeinsamer Abendmahlsfeier), eine Bootsfahrt bei Tiberias, die Golanhöhen und das Quellgebiet des Jordans.
Weiter ging es in den Süden in das Gebiet der Westbank (Zonen mit palästinensischer Selbstverwaltung): Das obligatorische Bad im Toten Meer (bloß kein Wasser in die Augen!), Besichtigung der Festung Massada (Rückzugsort des jüdischen Widerstands gegen die Römer 70 n. Chr.) mit Seilbahnfahrt, sowie einer beeindruckenden Wüstenwanderung durch die Schlucht des Wadi Qelt nach Jericho.
Von Qumran zu Yad Vashem
Der letzte Teil der Reise führte nach Jerusalem, wo die Gruppe fußläufig zur Altstadt/ Damaskustor ein komfortables Hotel bezog. Bis auf den Eingang in das Grab Jesu (wie immer eine lange Warteschlange) wurden die wichtigen Erinnerungsorte des Leidensweges Jesu besichtigt. Der Blick vom Ölberg auf die Stadt, die Pater Noster Kirche (sie zeigt das Vater Unser in beinahe hundert Sprachen auf schönen Wandfliesen) und die Kirche aller Nationen im Garten Gethsemane beeindruckten sehr. Museumsbesuche (Schrein des Buches mit Auszügen der in Qumran gefundenen biblischen Schriftrollen, Israelmuseum mit archäologischen Schätzen) vertieften die Reiseerfahrungen. An den Holocaust erinnert wurde beim Besuch der Gedenkstätte Yad Vashem, wo der Weg der Vernichtung der Juden während der nationalsozialistischen Herrschaft anhand vieler Exponate, Film- und Bilddokumente sowie Zeitzeugenberichte dargestellt ist.
Besondere Begegnungen waren ebenfalls im Programm vorgesehen: Zuerst mit einer Kibbuzbewohnerin, die seit vier Jahrzehnten die Entwicklungen und Anpassungen dieser besonderen Lebens- und Arbeitsweise miterlebt hat. Ihr Fazit war recht ernüchternd: Von den reformerischen Ansätzen sei wenig bis gar nichts übrig geblieben und die Zukunft sei sehr ungewiss, weil kaum noch junge Leute und Familien dazukämen. Der zweite Besuch führte uns in die Gegend um Bethlehem zur Initiative „Zelt der Nationen“ http://www.tentofnations.org, die seit Jahrzehnten um ihr Land kämpft, das ihnen von jüdischen Siedlern streitig gemacht wird. Zusammen mit Freiwilligen aus aller Welt bewirtschaften sie das karge Land und erleben Rückschläge, wenn ihnen die Obstbäume vor der Ernte umgehauen oder der Zufahrtsweg vom Militär mit Felsblöcken versperrt wird. Der Leiter Daoud Nassar erläuterte, dass ihre Reaktion weder Gewalt noch Resignation noch Flucht sei. Ihr Motto lautet: „Wir weigern uns Feinde zu sein“. Das sei oft genug schwer durchzuhalten, gebe aber auch Kraft.
Kein politischer Wille zum Frieden
Auf die dritte Begegnung waren vor allem diejenigen gespannt, die sich schon vor der Reise mit dem Buch („Streit um das Heilige Land“) beschäftigt hatten. Der Autor, Prof. Dieter Vieweger, ist Direktor des Deutschen Evangelischen Instituts für Altertumswissenschaften im Heiligen Land. Wir bekamen eine „Audienz“ in seinem Institut und er zeigte uns nicht nur manche Schätze seiner Ausgrabungen, sondern erläuterte uns, warum die meisten der in Jerusalem besuchten Orte nicht historisch sind: Die Stadt ist im Laufe von zwei Jahrtausenden von Süd nach Nord „gewandert“, die heutige Stadtmauer ist im Mittelalter entstanden. Die alte Davidstadt liegt außerhalb von ihr, die jetzige Via Dolorosa ist Jesus nie gegangen – sie spiegelt nur den Weg der frühchristlichen Pilger. Somit wurde verdeutlicht, dass auch die Studienreise das Ziel hatte, der Geschichte und der Gegenwart dieses Landes näher zu kommen ohne den Anspruch zu haben, den eigenen Glauben beweisen zu wollen oder für das Zusammenleben der Völker und Religionen (Zweistaatenlösung, Landbesitz, Tempelberg, Jerusalem u.a.) eine Lösung zu haben. Allerdings sind mit der Stärkung nationalistisch-ultraorthodoxer Kräfte bei der aktuellen Parlamentswahl die Aussichten auf friedliche Koexistenz noch geringer geworden: Der politische Wille zum Frieden fehlt, Israel möchte den Status quo erhalten und den Siedlungsbau weiter vorantreiben. Das Nachsehen haben die Palästinenser, deren Einschränkungen bestehen bleiben. Mit vielen Eindrücken, neuen Sichtweisen und Fragen kehrte die Reisegruppe wohlbehalten zurück.
Ein Informationstreffen mit Bildmaterial ist in Planung sowie der Vorsatz, im Jahr 2024 eine neue Studienreise anzubieten – vermutlich nach Georgien/Armenien (sofern es die politische Lage dann zulässt).
Informationen bei: joachim.naurath@ekhn.de; Tel.: 06431 – 49607-220.
Text: Pfr. Joachim Naurath - Fotos: Antje Kern (Teilnehmerin der Reisegruppe)
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