Evangelisches Dekanat an der Lahn

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    Schmerz in positive Energie umwandeln

    Foto: Peter Wagner"Wir leben in drei Zeitzonen: Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft."

    Auf Einladung des Evangelischen Dekanats Runkel sprach Walter Kohl bei der Abschlussveranstaltung der Väter-Reihe zum Thema Streit und Versöhnung: Streit ist anstrengend, aber er gehört zum Leben. Wie man damit umgehen kann, erklärte Walter Kohl bei der Veranstaltung in der Limburger Stadthalle.

    LIMBURG. Kohl lud seine etwa 150 Zuhörer in der Limburger Stadthalle zu einem Spaziergang durch die gedankliche Welt von Streit und Versöhnung ein. „Wenn wir wissen, wie wir streiten, werden wir souverän“, so sein Leitgedanke. Zuerst müsse man sich darüber klar werden, ob es bei dem Konflikt um Gefühle oder um eine Sache geht. „Konfuzius hat schon vor 2500 Jahren Spielregeln für zwischenmenschliche Beziehungen entwickelt, nach denen man dem Anderen nicht das Gesicht nehmen darf“, erklärte Kohl. Diese Hemmschwelle würde durch die Brutalität im Umgang mit der Sprache, zum Beispiel in den sozialen Netzwerken, leider oft überschritten. Wir wollen recht haben, weil wir uns eigentlich schwach fühlen. „Hängen Sie mal eine Liste der biblischen Todsünden an Ihren Spiegel und wenn Sie richtig stinksauer sind, dann haken Sie ab, ob nicht verletzter Stolz, Habgier, Zorn oder Neid der wahre Beweggrund ist“, riet Walter Kohl.

    Jeder Mensch lebe in drei Zeitzonen. Wenn die Vergangenheit uns im Opferland festhalte, gäbe es keine Chance, die Gegenwart zu gestalten und Vertrauen in die Zukunft aufzubauen. Diese These untermauerte der Redner mit einem persönlichen Schicksalsschlag. Kohls Mutter hatte sich im Sommer 2001 das Leben genommen, und zwar im Bett seines früheren Kinderzimmers. „Am Anfang war das unheimlich schwer, doch auf die Suche nach dem Warum gab es keine Antwort“, beschreibt er seine Gefühle. Den Schmerz wandelte Walter Kohl in positive Energie, indem er sich in einem Netzwerk für Suizidprävention engagiert. Schlagartig sei die schreckliche Erfahrung von gestern zu Sinnhaftigkeit und einer Kraftquelle geworden, erklärte er.

    „Souveränität beginnt damit, dass wir uns selbst begegnen“, betonte Kohl und skizzierten einen von ihm entwickelten Weg der (einseitigen) Versöhnung. Zuerst müsse festgelegt werden, welches Anliegen zu bearbeiten ist. Dann gelte es, schonungslos alle dazugehörigen Gefühle, Gedanken, Meinungen und Glaubenssätze auf den Tisch zu legen – zum Beispiel in Form von einem Brief an sich selbst. Mithilfe einer Technik des inneren Energiewandels ließen sich dann die alten, schmerzhaften Gefühle aus dem zweiten Schritt in positive Energien wie Akzeptanz, Selbstvertrauen oder Souveränität wandeln. Dem Anliegen könne nun eine neue Antwort gegeben werden. Schließlich kann es gelingen, mit der neu gewonnenen Kraft etwas Konkretes zu tun und sich der Zukunft zuzuwenden.

    Noch besser, als Verletzungen der Seele im Nachhinein zu bearbeiten, sei allerdings, einem Streit bereits durch die innere Einstellung vorzubeugen. „Eigentlich sollte schon in der Schule ein Fach zum Umgang mit Belastungen und zur Sinnsuche eingerichtet werden“, findet Kohl. Denn wer Frieden mit der Vergangenheit geschlossen hat und einen Sinn in der Zukunft sieht, kann Krisen besser meistern. Je stärker die seelische Widerstandskraft ist, umso weniger angreifbar sind die Menschen.

    „Ein Streit auf Augenhöhe findet seinen Höhepunkt in der Kunst des Friedensschlusses“, gab Walter Kohl dem Publikum zum Abschluss mit auf den Weg. Das gehe aber nur, wenn wir unsere Verletzungen selbst in die Hand nehmen und keine Rachegefühle hegen.

    Kerstin Kaminsky

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