Reisegruppe des Evangelischen Dekanats an der Lahn erkundete den Kaukasus

veröffentlicht 11.11.2025 von Pfarrer Joachim Naurath und Clemens von Dressler, Ev. Dekanat an der Lahn

Bereits zum zweiten Mal leitete Pfarrer Joachim Naurath vom Evangelischen Dekanat an der Lahn eine zehntägige Reisegruppe in die Kaukasusregion. Bei herrlichem Spätsommerwetter erlebten die Teilnehmenden ein vielfältiges Programm zwischen uralten Klöstern, beeindruckender Natur und spannenden politischen Eindrücken.

Armenien: Christliches Erbe und bewegte Geschichte

In Armenien, das ebenso wie Georgien bereits im 4. Jahrhundert das Christentum zur Staatsreligion erklärte, prägen bis heute Kirchen und Klöster – oft in abgelegenen Bergregionen – das Landschaftsbild. Über 95 Prozent der Bevölkerung gehören der orthodoxen Staatskirche an.

Ein Höhepunkt war der Besuch des armenischen Kirchenzentrums Etschmiadzin, wo die Gruppe zu einem Gespräch mit Erzbischof Nathan Hovjannishan empfangen wurde. In der Hauptstadt Eriwan standen das berühmte Handschriftenmuseum Matenadaran, die Gedenkstätte für die bis zu 1,5 Millionen Opfer des Genozids von 1915 sowie die in nachsowjetischer Zeit restaurierten Kaskaden mit Blick über die Stadt bis zum Berg Ararat auf dem Programm.

Auch kulinarisch gab es viel zu entdecken: Die armenische Küche, weniger raffiniert als die georgische, überzeugte durch frische Kräuter und regionale Zutaten. Mit Interesse verfolgte die Gruppe die traditionelle Herstellung des Fladenbrotes Lawasch und besuchte eine Brandy-Destillerie mit Verkostung.

Georgien: Zwischen Tradition und Aufbruch

Über den 2.400 Meter hohen Selimpass und den Sewansee – doppelt so groß wie der Bodensee – führte die Reise weiter nach Georgien. Die Hauptstadt Tiflis hat sich in den vergangenen Jahren zu einer modernen, touristisch gut erschlossenen Metropole entwickelt. Eine Seilbahnfahrt zur imposanten Statue der „Mutter Georgiens“, eine Stadtführung mit Besuch des Nationalmuseums, des Freiheitsplatzes und zahlreicher Kirchen ließen die Gruppe die Stadt näher kennenlernen.

Abends blieb Zeit für den Besuch der Oper oder der berühmten Schwefelbäder, die der Stadt ihren Namen gaben: Tbilissi bedeutet „Ort der warmen Quellen“.

Tagesausflüge führten in die Weinregion Kachetien und auf der alten georgisch-russischen Heerstraße in den Großen Kaukasus, dessen schneebedeckte Gipfel sich geheimnisvoll in Wolken hüllten. Weitere Stationen waren die alte Hauptstadt Mzcheta, die vorchristliche Höhlenstadt Uplisziche und das Stalinmuseum in Gori, das den Diktator bis heute in erschreckender Weise glorifiziert.

Begegnungen und politische Eindrücke

Ein besonderer Fokus der Reise lag auf der aktuellen politischen und gesellschaftlichen Lage in der Region. Während Armenien durch die angespannte Grenzsituation zu Aserbaidschan und der Türkei sowie Russland als größtem und einflussreichstem Handelspartner wenig politischen Spielraum hat, ist in Georgien mehr Dynamik spürbar. Durch die regierende Partei „Georgischer Traum“ wird der zuvor prowestliche Kurs des Landes revidiert und Repressionen gegen oppositionelle Kräfte sind an der Tagesordnung.

Auf Anregung von Pfarrer Naurath kam ein Treffen mit Mitgliedern der georgischen Oppositionsbewegung zustande. Sie berichteten von willkürlichen Inhaftierungen, hohen Geldstrafen, Entlassungen aus dem öffentlichen Dienst und Wahlfälschungen – und von der leidvollen Geschichte ihres Landes im Verhältnis zu Russland.

Ein Hoffnungszeichen setzte die Begegnung mit einer Fraueninitiative in der Grenzregion zur russisch besetzten Provinz Südossetien. Gefördert durch EU-Mittel werden dort Frauen qualifiziert, Gemüse, Käse oder Honig zu produzieren und als Kleinunternehmerinnen zu vertreiben.

Eindrücke, die bleiben

Wohlbehalten und mit vielen Eindrücken kehrte die Gruppe zurück. Im Blick auf die Sicherheit war die Reise unbedenklich. Entstanden sind ein größeres Verständnis und mehr Achtsamkeit für die Menschen an der Grenze zwischen Europa und Asien – Menschen, deren politische Zukunft ungewisser ist als unsere eigene.

 

Clemens von Dressler
Referent für Öffentlichkeitsarbeit