Krisenmodus
09.07.2022 / Pfarrer Johannes Jochemczyk
Die Pandemie und der Krieg bringen unser Leben momentan ganz schön durcheinander. Sicherheiten und Gewohnheiten lösen sich auf, das erleben wir jeden Tag. Regale in Geschäften weisen Lücken auf, mal fehlt Toilettenpapier, mal geht das Speiseöl zur Neige. Die Post kommt nicht morgen, sondern erst nächste Woche. Lieferzeiten werden nicht mehr in Stunden, sondern in Wochen angegeben. Ersatzteile fehlen, Chips sind Mangelware und Autos können nicht mehr „just in time“ produziert werden. Neuerdings muss man sich selbst am Flughafen während stundenlanger Wartezeit in Geduld üben. Dazu explodieren die Preise: Treibstoffe, Baustoffe, Energie, ja selbst Lebensmittel werden teurer. Die Inflation steigt wie noch nie, die Politik wird unruhig und versammelt sich zu „konzertierten Aktionen“. Wohin soll das alles noch führen? Alles ändert sich mit einer unglaublichen Dynamik und Verlässliches gerät ins wanken.
Das mag uns alle verunsichern, die Krise setzt bei mir jedoch auch manches positiv in Bewegung. Mir z.B. ist dadurch neu bewusst geworden, wie sehr wir doch alle miteinander verbunden und aufeinander angewiesen sind. Die leeren Regale und fehlenden Lieferungen zeigen - alles greift wie in einem großes Getriebe geschmeidig ineinander, jeder Mensch ist wichtig, egal in welcher Position er steht. Die gestörten Lieferketten machen das deutlich, ebenso wie die aktuellen Schwierigkeiten an den Flughäfen. Ein Pilot kann noch so gut ausgebildet sein und doch nicht fliegen, wenn niemand mehr da ist, der dafür sorgt, dass Fluggäste und Gepäck an Bord kommen. Vor allem aber ändert sich durch die Krise auch mein Verhältnis zu den Dingen, die ich besitze. Ihr Wert steigt. Ich gehe vorsichtiger mit ihnen um, will sie länger behalten. Ich kaufe weniger, aber dafür bewusster. Ich frage mich auch immer öfter: Was kaufe ich nur mal so, weil es halt billig war und ich es irgendwann einmal vielleicht gebrauchen kann, „nice to have“, und was brauche ich wirklich?
Diese neue Unsicherheit schärft mein Bewusstsein für das, was ich habe und brauche. Die Krise öffnet auch neu mein Herz für Jesu Wort: „Seht die Vögel unter dem Himmel an: Sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen; und euer himmlischer Vater ernährt sie doch. Seid ihr denn nicht viel kostbarer als sie?“ Aus Jesu Sicht brauche ich nicht viel, weil Gott für uns sorgt. Auch wenn unser Lebensgefühl sich zur Zeit ändern mag, so ändert sich diese Verbindung und seine Zusage nicht.
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