Evangelisches Dekanat an der Lahn

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    Herbst

    11.10.2024 / Pfarrer Johannes Jochemczyk, Dekan

    Nun ist er da, der Herbst. Mit voller Macht. Die Abende sind kalt geworden. Morgens hält sich der Nebel lange, Nieselregen zieht übers Land. Mich fröstelt. Die Blätter sterben ab und fallen.

    Wie kein anderer hat Rainer Maria Rilke diese Stimmung in seinem Gedicht „Herbst“ aufgenommen und damals gedichtet: „Die Blätter fallen, fallen, wie von weit, als welkten in den Himmeln ferne Gärten. Sie fallen mit verneinender Gebärde. (…) Wir alle fallen. Diese Hand da fällt. Und sieh dir andre an: es ist in allen.“ - Ich mag dieses vielleicht etwas melancholische Gedicht. Es passt gut in diese Zeit.

    Denn, nun ist er da, der Herbst! Mit voller Macht. Die Abende sind kalt geworden. Die Kriege im Nahen Osten flimmern jeden Abend in den Nachrichten und sozialen Kanälen. Mich fröstelt. Menschen fallen. Es brennt der Hass, ein Flächenbrand droht.

    Mahnwachen am 7. Oktober haben uns erneut ins Gedächtnis gerufen, was vor einem Jahr dort angefangen hat.

    Seitdem wird gekämpft, getötet, gemordet, heimgezahlt. Viele sterben, viele fallen. An vielen Fronten. Es scheint kein Ende zu nehmen. Eine klare Position bleibt nebulös. Keine Seite hat nur Recht, jede Seite hat auch Mitschuld. Wir alle fallen: es ist in allen.

    Nun ist er da der Herbst. Und wie sich die Jahreszeiten im ewigen Kreislauf von Frühjahr, Sommer Herbst und Winter wiederholen, so scheint sich zu wiederholen, was wir doch zu durchbrechen hofften: Den Kreislauf von Krieg und Frieden, von Hass und Gegenhass, von Töten und Getötet werden, der wieder Fahrt aufgenommen hat. Wir alle fallen. Es ist in allen.

    Doch mit Blättern und Menschen fällt auch die Hoffnung, überall in einer friedvollen Welt leben zu können, es fällt der Glaube an das Humane im Menschen, der Glaube, der Mensch könne dann doch mit Verstand und Einsicht Frieden bewahren, mehr noch, über sich hinaus wachsen und die Welt besser machen, Schritt für Schritt. -

    Angesichts der Kriege und des Leidens wird dann oft die Frage gestellt: „Wie kann Gott das zulassen?“ Rainer Maria Rilke hat darauf eine versöhnliche Antwort. Er schließt sein Gedicht mit dem Satz: „… Und sieh dir andre an: es ist in allen. Und doch ist Einer welcher dieses Fallen unendlich sanft in seinen Händen hält.“

    Für mich ist das ein äußerst tröstlicher Gedanke, dass trotz der Gewalt und des Leidens, Gott das Ganze dennoch in seinen Händen hält. Das zum Ende hin Gott heilsam wirken wird und die Wunden, die wir in unserer Welt uns zufügen, schließt. Das ist die Hoffnung, die mir bleibt.

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